Amalthea
Amalthea
Eine Rezension dieses Films fällt mir ausgesprochen schwer. Da ich das Original von 1967 kenne, messe ich diesen Film natürlich daran. Auf den ersten Blick haben die Handlungen auch viel gemeinsam und der Titel zielt auf einen direkten Vergleich ab. Doch genau dagegen hat sich Regisseur Tim Burton stets gewehrt, indem er nie von einem Remake, sondern von einem „Re-imagining“ sprach. Deshalb werde ich versuchen, diesen Film zunächst für sich zu betrachten.
Die Geschichte dreht sich um einen Planeten, auf dem eine Affenkultur herrscht und die Menschen unterdrückt und versklavt werden. Auf diesem Planeten stürzt nun der Hauptcharakter Captain Leo Davidson ab, an dem die Geschichte entlang erzählt wird. Schon wieder lässt „Cast Away“-Autor William Broyles Jr. jemanden in widrigen Umständen stranden, doch anders als im Inseldrama werden die Charaktere hier nicht so ausladend eingeführt, sondern direkt ins Geschehen geschickt, worunter ihre Glaubhaftigkeit etwas leidet. Die Science-fiction-Elemente werden von den Mitautoren Lawrence Konner und Mark Rosenthal beigesteuert, die schon „Star Trek VI“ schrieben. Besonders genüsslich zeigt der Film die fiktive Kultur der Affen, die erstaunlich detailreich und differenziert porträtiert wird. Leider verlassen wir die Affenstadt viel zu schnell wieder, um eine weniger atmosphärische Flucht anzutreten. Der Witz der verkehrten Welt zwischen Affe und Mensch ist so schon vorbei, bevor er richtig begonnen hat, denn ab diesem Punkt stecken in den grandiosen Masken von Rick Baker nur noch knurrende Bösewichter. Vielleicht hätte Editor Chris Lebenzon hier die Prioritäten etwas anders setzen sollen und mehr Zeit für das Drumherum wie die Beleuchtung der kulturellen und charakterlichen Feinheiten verwenden sollen, aber dann hätte ich vermutlich gemeckert, dass der Spannungsbogen nicht funktioniert. Die dramatische Zuspitzung der Situation ist jedenfalls gut gelungen. Die Handlung unterstreicht den Höhepunkt mit einigen intelligenten Wendungen, die das bisher Geschehene unter einem völlig neuen Blickwinkel erscheinen lassen und den eigentlichen Kern des Films ausmachen. Leider kommt der große Hammer am Ende. Da möchte sich der Film dann doch mit Franklin J. Schaffners Original messen, denn auch da kommt am Ende noch eine dicke Überraschung. Kenner wissen Bescheid. Doch in diesem Film wirkt sie völlig künstlich und passt überhaupt nicht zur restlichen Handlung. Außerdem fehlt eine Erklärung; der Aha-Effekt des Originals bleibt aus.
Auch sonst fehlt dem Film einiges zu seinem Vorbild: die Kritik an der menschlichen Selbsteingenommenheit durch die Wiederspiegelung in der Affengesellschaft fällt weit weniger intensiv aus. Allerdings standen die Drehbuchautoren auch vor der Schwierigkeit, aus dem Stoff von Pierre Boulle noch neue Aspekte herauszuholen, ohne in einen Abklatsch des Originals zu verfallen. Betrachtet man dabei die unrühmlichen damaligen Fortsetzungen und die gefährliche Ähnlichkeit mit dem überaus schlechten zweiten Teil „Rückkehr zum Planet der Affen“, so haben die Autoren dann doch noch einen guten Kompromiss gefunden. Leider ist das entstandene Skript nicht hundertprozentig Tim-Burton-kompatibel. Mit Außenseiterrollen, wie Batman, Edward Scissorhands oder Ichabod Crane kommt er ja erwiesenermaßen gut zurecht. Helena Bonham Carter kann sich in ihrer Rolle der äffischen Menschenrechtlerin Ari auch wunderbar entfalten. Geradlinigere Figuren, wie Leo Davidson oder General Thade liegen Burton nicht und bleiben blass. Ironischerweise wäre Burton wohl mit Davidsons kantigem Pendant aus dem Original, dem von Charlton Heston gespielten Raumfahrer Taylor besser klargekommen. Wäre ein Remake also doch besser gewesen? Die wenigsten Probleme hat Komponist Danny Elfman. Er kann gut an den perkussiven Originalscore anknüpfen, wenn auch nicht ganz so avantgardistisch, wie damals Jerry Goldsmith.
Übrig bleibt ein zwiespältiger Eindruck: Zwar ist der Film nicht als Remake gedacht, lädt aber derart zu Vergleichen ein, dass man als Kenner des Originals vorgewarnt sein muss. Alle anderen Filminteressierten sollten die Reihenfolge „erst neu, dann alt“ befolgen, auch wenn man dann im Original womöglich die Action vermisst. Ein wirklich schwieriger Fall der Kategorie: Braucht ein Film ein Remake?
Filmkritik: Planet der Affen
Sonntag, 2. September 2001