Amalthea
Amalthea
Es gibt ein Wort, was diesen Film recht gut beschreibt: Augenschmaus. Und das in jeder Beziehung. Die Geschichte spielt in einem französischen Dorf, in dem eine zugereiste Fremde mit ihrer Tochter zur Fastenzeit eine Chocolaterie eröffnet.
Die Handlung, die aus dem Roman von Joanne Harris stammt, ist relativ simpel. Ein klassischer Spannungsbogen ist zwar deutlich erkennbar, das wirklich Wichtige sind jedoch die Details: die Reaktionen der einzelnen Dorfbewohner, die aus ihrer streng religiös und traditionell ausgerichteten Lebensweise, ihrer „Tranquilité“, herausgelockt werden. Die Schokolade als Sündenfall hat hierbei Symbolcharakter. Alle charakterlichen Feinheiten bringt Regisseur Lasse Hallström dabei gekonnt vor die Kamera. Er nutzt die Einfachheit der Story und die dünn aufgetragene Moral dazu, die vielen subtil humorvollen Nuancen der Situation herauszuarbeiten. Unterstützung dafür erhält er von allen Seiten: Angeführt von Juliette Binoche, Lena Olin, Johnny Depp und Judi Dench sind bis in die Nebenrollen alle Figuren mit talentierten Charakterdarstellern besetzt. Besonders Alfred Molina als engstirniger Graf gibt eine überzeugende Vorstellung. Die Kamera von Roger Pratt ist angenehm ruhig und beobachtend und lässt den Zuschauer in die Charaktere hineinsehen. Ein großes Lob verdient sich das production design und die Set-Dekoration. David Gropman und Stephanie McMillan bringen überaus lebendige Interieurs auf die Leinwand. Insbesondere die Szenen in der Chocolaterie sind beeindruckend verführerisch in Ausstattung und Ausleuchtung. Die passend volkstümliche Musik von Rachel Portman und Gabriel Yared fügt zum optischen noch den akustischen Genuss hinzu.
Nicht einmal das schlechte Wetter bei der Vorführung konnte der Ausstrahlung des Films etwas anhaben. Seit längerem war dies für mich wieder ein Film, in dem alles stimmt: ein feinfühliger Regisseur, talentierte Schauspieler und Sets, bei denen man in die Leinwand steigen möchte. Ein Genuss für die Sinne und auf jeden Fall appetitanregend.
Filmkritik: Chocolat
Sonntag, 15. Juli 2001