Amalthea
Amalthea
New Line Cinema präsentiert mit diesem Film getreu seinem Namen ein Werk von Newcomern: Weder Editor Robert Duffy, noch story-writer Mark Protosevich, noch Director of Photography Paul Laufer verfügen über große Filmerfahrungen. Regisseur Tarsem Singh hat sogar sein Leinwanddebüt. Einzig Komponist Howard Shore überzeugte schon mit der Vertonung von „Sieben“ oder „Das Schweigen der Lämmer“. Unter diesem Blickwinkel betrachtet ist der Film hervorragend gelungen. Der Traum eines jeden Psychologen, nämlich in die Gedankenwelt seines Patienten einzutauchen, wird hier wahr; nur dass es sich bei dem Patienten um einen schizophrenen Killer handelt.
Die Story ist zwar in den Szenen, in denen der Film in der Realität verweilt, nur sehr rudimentär und geradlinig aufgebaut, weist zum Teil auch logische Brüche auf, dafür schöpft sie in der Traumwelt aus dem Vollen. Die Beleuchtung der Charaktere findet komplett in diesen Szenen statt, was die Traumwelt realer erscheinen lässt, als die schemenhafte Wirklichkeit.
An diesem Grundprinzip wirken auch die anderen Elemente des Films mit: Die Kamera, die in der realen Welt nur verhalten mit Effekten spielt, wirkt in der Gedankenwelt regelrecht entfesselt und zeigt von extremen Totalen und extremen Close-Ups bis zu Überkopf-Aufnahmen ein beeindruckendes Repertoire von Paul Laufer. Der Schnitt trägt dabei auch einen großen Teil zum Tempo mancher Szenen bei. So wird der Betrachter durch die grandiose Optik der Schauplätze geleitet, die dem meisterhaften Production Design von Tom Foden zu verdanken ist. Die Sets schwelgen in einer Vielfalt von Farben, Formen und Symbolen und entführen den Zuschauer in immer neue Szenerien, von phantastisch bis beängstigend. Auch die aus „Bram Stoker's Dracula“ bekannten, bizarren Kostümentwürfe von Eiko Ishioka sind zu bestaunen.
Akustisch bekommt man eine sehr tiefe Räumlichkeit geboten. Howard Shore ergänzt alles mit einem Score, der eigentlich mehr ein Klangteppich, denn wirkliche Musik ist. Eine exotische Instrumentenwahl kombiniert mit Synthesizer-Elementen zeugen vom Können des Komponisten.
Obwohl man sich natürlich fragt, ob Psychologen immer so gut aussehen, steht Jennifer Lopez auch schauspielerisch gut da. Tarsem Singh führt seine Charaktere sicher durch eine Welt von surrealen Phantasien, die die Kamera in opulente Bilder umsetzt, umrahmt von den Dissonanzen eines angenehm unüblichen Kompositionsstils. Ein audiovisuelles Erlebnis.
Filmkritik: The Cell
Mittwoch, 29. November 2000