Amalthea
Amalthea
„Panic Room“ bedeutet Nervenkrieg. Sowohl auf der Leinwand als auch im Zuschauerraum. Hollywoods Enfant Terrible David Fincher fesselt uns mit einem Thriller, dessen Armut an Schauplätzen und Charakteren ihn fast schon zum Kammerspiel qualifizieren. Es geht um eine Mutter und ihre Tochter, die frisch nach dem Einzug ins neue Domizil von Einbrechern überrascht werden und sich im Panikraum, einem kleinen, privaten Schutzbunker verschanzen. Dummerweise befindet sich die Beute der Einbrecher jedoch genau in diesem Raum, so dass diese nun mit physischen wie psychischen Mitteln versuchen, die Insassen zum Öffnen der Tür zu bewegen.
Der Film ist ganz sicher nichts für Klaustrophobiker. Sowohl Kamerastellung und -brennweite als auch der Klang der Stimmen und Geräusche lassen einen die beklemmende Enge des Panikraums fühlen. Überhaupt sind Kamera und Sound die tragenden Elemente dieses Films. Das Production Design von Arthur Max glänzt mit Zurückhaltung. Die frisch bezogenen Räume sind alle noch recht kahl. Langweilig wirken die Bilder aber dank der subtilen Ausleuchtung der beiden Directors of Photography Conrad W. Hall und Darius Khondji dennoch nicht. Die Beleuchtung unterscheidet deutlich zwischen den eher gelblich warmen Räumen des Hauses und dem kalten blauen Neonlicht des Panikraums. Dies erleichtert dem Zuschauer natürlich die Orientierung im Film und trennt die beiden Welten auch optisch. Zu Beginn des Films macht die Kamera einige recht abenteuerliche Fahrten und lässt sich später auch von Wänden oder Decken nicht aufhalten. Diese Kapriolen bringen einem zwar die räumlichen Verhältnisse im Haus näher, sind aber letztlich nutzlose Effekthascherei, wenn auch schön anzusehen.
Der Score von Howard Shore verdient diesen Namen eigentlich nicht, was jedoch keine Kritik sein soll. Sein Soundtrack ist mehr das Ton gewordene Adrenalin der Charaktere, das dem Zuschauer als musikalische Soundeffekte durch die Ohren fließt. An einigen besonders spannungsvollen Stellen, an denen das Publikum auch noch mit hinauszögernden Zeitlupen gequält wird, werden die realen Geräusche sogar komplett durch künstliche Herzschläge ersetzt.
Doch alle diese geschickt platzierten Gimmicks können die kleinen Schwächen des Films nicht vertuschen. Für einen echten David-Fincher-Film sind die Charaktere einfach zu glatt. Man erwartet, dass die als klaustrophobisch eingeführte Meg Altman wenigstens ein Bisschen durchdreht und Jodie Foster etwas mehr von ihrem Können zeigen kann. Ihre zuckerkranke Tochter sorgt zwar für ordentlich Biss in der Story, aber am Ende geht alles gut aus: Die Protagonisten obsiegen und nur der Gute unter den Bösen überlebt. Ein etwas Fincher-untypisches Ende, kennt man von ihm doch eher Selbstmord, Enthauptung, Selbstaufgabe und Verwüstung als Schluss. Aber wieso sollte ein Regisseur sich nicht ändern dürfen.
Filmkritik: Panic Room
Montag, 20. Mai 2002