Amalthea
Amalthea
Manoj Night Shyamalans vierte Regiearbeit zeigt wie „The Sixth Sense“ das gute Gespür für Atmosphäre, das in dem indischen Regietalent steckt. Auch in diesem Film hat Shyamalan sowohl inszeniert, als auch das Drehbuch verfasst. Als vermuteter Drogendealer genehmigt er sich sogar einen Kurzauftritt.
Inhaltlich bewegt sich dieser Film ähnlich wie „The Sixth Sense“ im Bereich des Mystischen und Übernatürlichen, das in das Leben eines vermeintlich normalen Menschen eindringt. Hier geht es dabei um die Unverwundbarkeit. Als Kritik habe ich gehört, der Film könne an Spannung und Suspense „The Sixth Sense“ nicht überflügeln. Aber sollte er das denn? Der Film erzählt sehr langsam. Man begibt sich zusammen mit dem Hauptheld auf eine Entdeckungsreise, auf eine Suche nach dem tieferen Sinn der eigenen Existenz. Schockeffekte und Spannungsschübe wären da wohl fehl am Platz. Man wird stattdessen Schritt für Schritt immer Tiefer in die fast märchenhaften Geschehnisse geführt. Die Charaktere werden in zahlreichen, von Editor Dylan Tichenor passend eingebetteten Rückblenden immer plastischer. Es ist auch die späte Platzierung des Wendepunkts, an dem der Held die eigene Auserwähltheit zu begreifen beginnt, die dem Film seine Glaubhaftigkeit verleiht. Nach diesem Punkt wird auch die Musik von James Newton Howard, die zunächst nur dezent die Atmosphäre mittrug, etwas melodiöser und im positiven Sinne vordergründiger, ohne jedoch an Ausdruckskraft zu verlieren. Die Klangkulisse insgesamt war für eine DTS-Abmischung sehr frontlastig und arm an direktionalen Effekten.
Bruce Willis beeindruckt einmal mehr als Charakterdarsteller und entfernt sich damit weiter vom ihm anhaftenden Actionheld-im-Feinripphemd-Image aus vergangenen „Die Hard“-Zeiten. Hier wie damals spielt er einen Helden wider Willen, aber diesmal ohne markige Sprüche und Machogehabe. David Dunn ist ein stiller, in sich gekehrter Zeitgenosse, der sich auf der Suche nach sich selbst befindet, ohne das überhaupt zu wissen. Samuel L. Jackson gibt einen würdigen Gegenpart, indem er in Elijah Price schon von Anfang an eine gewisse Weltfremdheit und Andersartigkeit anklingen lässt. Viele wortlose Handlungselemente kommen durch Director of Photography Eduardo Serra zur Geltung. Durch geschickte Kameraeinstellung lenkt er den Blick des Zuschauers. Die Nähe zwischen Publikum und Hauptheld geht sogar in einigen First-Person-Shots auf.
Das Ende des Films beschert uns noch eine Überraschung, die auf erstaunliche Weise das Bild komplettiert und die Ereignisse auf den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse zurückführt, der in dieser einfachen Form durch die Comics symbolisiert wird und damit den Bogen zurück zum Beginn des Films spannt. Eine in sich geschlossene Sache, die aber für viele Interpretationen offen ist.
Wenn ich den Film kurz beschreiben sollte, würde ich von einer tiefsinnigen, leisen und auf ihre Weise eindringlichen Variation von „X-Men“ sprechen. Einen Vergleich mit diesem Film möchte ich aufgrund der zu verschiedenen Ansätze jedoch vermeiden. Möge jeder selbst entscheiden, welche Art Film ihm liegt. Mich jedenfalls hat diese hier sehr beeindruckt.
Filmkritik: Unbreakable – Unzerbrechlich
Freitag, 29. Dezember 2000