Amalthea
Amalthea
Nach „The Patriot“ war das endlich wieder ein Film, nach dem man das Kino mit großen Augen und weichen Knien verlässt. Endlich mal wieder ein Skript, das einem nicht Charaktere mit der Tiefe von Pappaufstellern vorsetzt.
Der Film startet mit einer sehr atmosphärischen Eröffnung und nimmt sich außergewöhnlich viel Zeit für die Exposition. Eine eher personale Kamera gibt den Blick frei auf eine Charaktervielfalt von gutmütig bis schroff-scharfkantig. Es ist nicht zuletzt auch das Production Design, das dem Ganzen den letzten Schuss Glaubhaftigkeit gibt. Eine schnitt- und regietechnische Meisterleistung schafft es, mehrere Handlungsstränge unter einem einzigen großen Spannungsbogen, der auch tatsächlich bis zum Filmende durchhält, zu vereinen.
Die sehr dynamischen Action-Szenen profitieren sowohl von Petersens Erfahrung mit Wasser aus „Das Boot“ als auch von den genialen Computerbildern aus der Trickschmiede ILM. Der Editor hat hier allerdings manchmal mehr Chaos hineingebracht, als ich für nötig erachte.
Der Ton zeigte in der Dolby-Digital-Präsentation eine sehr solide Direktionalität. Lediglich vom Soundtrack hätte ich mir mehr erhofft. James Horner hat hier nur Massenware abgeliefert, die den Regisseur kaum unterstützt.
Obwohl der Film in einem gigantischen Effektfeuerwerk kulminiert, wirkt er nicht effektlastig, da er zuvor bereits eine Reihe ausgleichender Dialogszenen und auch die typischen petersen'schen „Zwischenmenschlichkeit auf engstem Raum“-Szenen bot. Ebenso gab die kleine Hommage an „Jaws“ Gelegenheit zum Schmunzeln. Doch nicht nur in solchen Kleinigkeiten, sondern auch in der Gesamtanlage ist das Skript gut gelungen. Die Fahrt der „Andrea Gail“ zeichnet exakt die Spannungskurve des Films inklusive Wendepunkt und verzögerndem Moment nach. Über Seitenhandlungen wird die Spannung unterstützt und der Zuschauer über den Sturm informiert.
Das Ende ist für Hollywood erstaunlich konsequent und zeigt großen Mut und Vertrauen in Petersens Fähigkeiten auf Producer-Seite. Ich war regelrecht schockiert, da ich einen derart drastischen Schluss nicht erwartet hatte: Völlig unheroisch und unbeschönt bricht die Realität herein. Zum Glück entlässt Petersen den Zuschauer nicht mit diesem Gefühl, sondern setzt vor den finalen Fade-out noch eine abrundende Verarbeitung der Tragödie.
Als Fazit kann man festhalten, dass es ein wirklich guter Film mit unverbrauchten Darstellern, die allesamt gut spielen, ist; besonders George Clooney sei hier hervorgehoben; und dass man mit Wolfgang Petersen auch in Zukunft noch rechnen muss.
Originaltitel
The Perfect Storm
Erscheinungsjahr
2000
Regie
Wolfgang Petersen
#film
Filmkritik: Der Sturm
Samstag, 12. August 2000