Amalthea
Amalthea
Beim Kabinett der Frau Merkel kam ja schon von Anfang an nicht der Verdacht auf, dass Posten nach Kompetenz besetzt wurden. Vergangenen Freitag ging das Geschacher weiter. Nach Jungs Rücktritt haben wir also die neue Retortenministern Kristina Köhler, die natürlich nur rein zufällig wie Jung aus dem Dunstkreis von Roland Koch kommt. Fefe schreibt, jetzt erst ist das Kabinett perfekt, weil nun wirklich keiner Ahnung von seinem Ressort hat. Man könnte sich also amüsiert zurücklehnen und der Regierung beim Vermurksen zusehen, wenn diese Situation nicht so gefährlich wäre. Die politische Macht verschwindet ja nicht einfach bei mangelnder Kompetenz. Die Entscheidungen wollen ja trotzdem gefällt werden. Und wenn die erste Riege in den Ministerien nicht fest im Sattel sitzt und deshalb nicht allein entscheiden kann, dann wird eben die zweite Reihe tätig. Und da sitzen dann Beamte, die von der deutschen Öffentlichkeit unbeachtet dass sich auftuende Machtvakuum nutzen werden. Der Minister ist dann nur noch Galionsfigur, die das Ministerium repräsentativ vertritt und für die Presse das Gesicht in die Kamera hält. Die Gesetzentwürfe spuckt der eingespielte Ministerialapparat schon von alleine aus. Wohlgemerkt handelt es sich hier um Beamte, die zwar wichtig für das Funktionieren des Verfassungsorgane sind, die aber eben nicht durch den Wähler legitimiert sind. Deshalb braucht es einen starken Minister an der Spitze, der in der Lage ist, so ein Ministerium aktiv zu führen. Ich stelle mir so einen Apparat ähnlich träge vor wie einen Öltanker. Da braucht man also sicherlich Ausdauer und Durchsetzungsvermögen.
Wohin sich sowas unter schwacher Führung entwickelt, kann man sich leicht ausmalen. Wenn Ämter stets nur strategisch besetzt werden, dann übernimmt früher oder später die Beamtenriege komplett die Führung. Irgendein leitender Sekretär findet sich schon, der den Schattenminister macht und genug Arroganz besitzt, sich selbst über demokratisch legitimierte Amtsträger zu stellen. Dummerweise gibt es schon eine Langzeitstudie in dieser Sache, nämlich die EU. Nachdem die Mitgliedsstaaten jahrelang ihren politischen Sondermüll in Brüssel abgeladen haben, ist dort der Beamtenapparat schon so außer Kontrolle, dass die Kommissare sich nur noch bei der Öffentlichkeit darüber ausheulen können. Und wenn sich solche Strukturen erstmal von der demokratischen Kontrolle gelöst haben, ist es schwer sie wieder einzufangen. Dann ist der Weg von der Demokratie zur Funktionärs- und Beamten-Autokratie gar nicht so weit wie immer gedacht.
Und der Fall Franz-Josef Jung sollte uns auch hier in Deutschland zu Denken geben. War es seine eigene Entscheidung oder ist er von der Generalität zur Vertuschung der zivilen Opfer des Luftangriffs gedrängt worden? Oder sind ihm als Oberbefehlshaber von der Generalität sogar Informationen vorenthalten worden? Sein Nachfolger sah sich jedenfalls gezwungen mit Schneiderhan den ranghöchsten Bundeswehrgeneral zu entlassen, obwohl mit Jung das Bauernopfer schon erledigt war. Hat die Bundeswehr unter Jung also schon begonnen, sich wie in einer Bananenrepublik der staatlichen Kontrolle zu entziehen?
Die EU-Kommissariate als Langzeitstudie zur Wirkung schwacher Minister. Werden wir von Beamten regiert?
#politik
Papiertiger auf Ministerposten
Dienstag, 1. Dezember 2009