Amalthea
Amalthea
Ein großer Schauspieler wie John Malkovich hat die grandiose Fähigkeit, in viele verschiedene Rollen zu schlüpfen. In „Being John Malkovich“ wird diese Tatsache umgekehrt: Der erfolglose Puppenspieler Craig Schwartz findet einen Weg in John Malkovich zu schlüpfen. Was sich hier völlig absurd anhört, ist auch im Film eine ziemlich verrückte Angelegenheit, weshalb dieser Streifen sicher nicht jedermanns Sache ist.
Der Musikvideo-Regisseur Spike Jonze nimmt in seinem Leinwanddebüt den Zuschauer mit auf einen surrealen Trip durch eine absolut verrückte Welt. Geschickt lenkt er seine Charaktere von einer hirnrissigen Situation in die nächste. Die Komik erschafft er allein durch die Absurdität der jeweiligen Situation, welche er durch subtile Gesten und Nuancen in den Vordergrund spielt. Großartige Hilfe erhält er von Production Designer K. K. Barrett, dessen Sets, insbesondere der 7½-te Stock mit seiner klaustrophobisch niedrigen Decke, allesamt dreidimensionalen Karikaturen gleichen. Dies wiederum bietet den Schauspielern die Möglichkeit sich auszutoben, wovon sie auch ausgiebig Gebrauch machen: Sei es der stets wirr zerzauste John Cusack, der untertänig gebückt durch die Räume von Lestercorp torkelt oder die unter ihrem Haarbusch kaum zu erkennende Cameron Diaz, die versucht, das Kindheitstrauma ihres Schimpansen zu kurieren. Viel Humor beweist natürlich auch John Malkovich in seiner selbstironischen Rolle in der er einen von anderen gesteuerten John Malkovich spielt.
Diese Fremdkontrolle ist das Hauptmotiv in Charlie Kaufmanns Story. Craig Schwartz dehnt sein Können nur von Marionetten auf Menschen aus. Die Marionettenszenen sind daher Schlüsselelemente des Films, die Director of Photography Lance Acord auch besonders sorgfältig in Szene setzt. Dramaturgisch kann Kaufmanns Buch ebenfalls überzeugen: Die Absurditäten werden portionsweise serviert. Erst Lottes Tierfimmel, dann der 7½-te Stock, dann die Tür in Malkovichs Hirn und so weiter. So gewöhnt man sich mit der Zeit an die Verrücktheiten und findet die blödsinnigsten Dinge völlig normal. Unter Mithilfe der einlullenden Musik von Carter Burwell wird man als Zuschauer in den Film integriert und sieht durch die Augen von jemandem, der gerade durch die Augen von John Malkovich sieht. Am Ende des Films hat man dann das Gefühl, man befindet sich in jemandem, der gerade „Being John Malkovich“ gesehen hat…
Filmkritik: Being John Malkovich
Sonntag, 25. November 2001